DGP-Frühjahrstagung 2024

Am 25. und 26. April 2024 fand in Prag die Frühjahrstagung der Deutschen Gesellschaft der Parfümeure im SEPAWA e.V. statt.

Sie stand unter dem Motto „Volatile Times“ und bot 41 Teilnehmern Informationen zur Herkunft natürlicher Essenzen, aktuellen rechtlichen Neuerungen und Aspekten des Duftmarketings. Auch die Gelegenheit zum persönlichen Austausch kam natürlich nicht zu kurz.

Nach dem gemeinsamen Mittagsimbiss begann die Tagung mit dem Bericht des Vorstands. Die DGP-Präsidentin Maren Protzen erinnerte kurz an die Frühjahrstagung 2023 in Bad Dürkheim, die Tunesienreise im April 2023, und die DGP-Aktivitäten auf dem letztjährigen SEPAWA-Kongress in Berlin.

Sie gedachte mit Thomas Tuttenui und Michael Dischmann zwei kürzlich verstorbenen Mitgliedern der DGP, und erinnerte ebenso an den verstorbenen Wolfgang Blume, der der DGP verbunden war.

Als positive Nachricht konnte Maren Protzen mitteilen, dass auch in diesem Jahr der Förderpreis der DGP vergeben werden konnte. Er ging an Hannes Bitterling, WALA, für seine Dissertation „Investigations into heat- and light-induced terpene modifications in essential oils“.

Der Ausblick auf die kommenden Aktivitäten umfasste den Call for Fragrance für den SEPAWA-Kongress in Berlin, der unter dem Motto „Streets of Berlin“ ausgeschrieben wurde. Die Frühjahrstagung 2025 ist für Ende März in Holzminden geplant, mit einem Besuch des neuen Duftmuseums „Sensoria“.

Den Einstieg in die Fachvorträge machte Dominique Roques mit seinem sehr lebendigen und anschaulichen Beitrag „A journey to the source of nature’s scents and perfume trees“ .

Mit Duftproben von Zeder und Olibanum versetzte er die Zuhörer in die ferne Vergangenheit, in der die Königin von Saba ihren Weihrauch im aus Zedernholz gebauten Tempel König Salomos darbot.

Die Rose als Königin der Blumen und Düfte begann ihren Siegeszug im 8. Jahrhundert, als die Perser mit der Herstellung von Rosenwasser begannen. Im 17. Jahrhundert wurde das Rosenöl entdeckt. Heute ist Bulgarien der größte Produzent von Rosenöl, aber auch den traditionellen Anbau von Duftrosen wie auf Terrassen im Bergland des Oman und anderen Herkunftsländern gibt es noch. 

Labdanum, das Harz auf den Blättern der Zistrose, wurde lange von Roma-Familien in Südspanien gewonnen und so als Parfumrohstoff bewahrt.

Dominique Roques zeigte auch die Gewinnung von Peru-Balsam, Benzoe Siam und Elemi und ließ uns deren Aromen genießen. Diese Harze werden aufwändig in teils gefährlicher Arbeit hergestellt, und für den Peru-Balsam stellt sich die Frage, ob es auch in Zukunft noch Männer geben wird, die mit einer brennenden Fackel auf dem Rücken 20 m auf einen Baum klettern werden. Die Wertschätzung der Menschen, die am Ursprung natürlicher Duftstoffe arbeiten, ist grundlegend für deren weitere Verfügbarkeit.

Ebenso kritisch sei genauso die Wertschätzung der Natur an sich und das Bewusstsein, dass auch natürliche Ressourcen versiegen können. Zedernwälder im Libanon, die Redwood-Wälder Nordamerikas, Sandelholz in Indien, Rosenholz in Französisch-Guyana sind Beispiele für Übernutzung und Vernichtung.  So wird Rosewood im Prinzip nicht mehr in der Parfümerie benutzt, und das „indische“ Sandelholz (Santalum album) kommt nun aus Australien.

Ein besseres Management von Ressourcen sei allerdings einem Verbot vorzuziehen, falls es wie beim Guajac (Bluewood) aus Paraguay durchaus noch große Bestände gibt.

Seine Eindrücke aus jahrzehntelanger Arbeit mit natürlichen Duftstoffen hat Dominique Roques in seinem Buch „Essenzen der Welt“ unterhaltsam und lehrreich beschrieben. Viele Teilnehmer nutzten die Möglichkeit, sein Buch im Rahmen der Tagung zu erwerben.

Mit aktuellen Entwicklungen bei der Regulierung natürlicher Rohstoffe befasste sich Jens-Achim Protzen in seinem Vortrag „From the lavender fields to the EU Green Deal“.

Die EU verfolgt in ihrer Gesetzgebung eine Null Schadstoff Strategie, die aus 48 Einzelmaßnahmen besteht. Eine davon ist die Revision der EU Chemikalienverordnung CLP, in der auch Regeln für sogenannte MOCS – more than one constituent substances – aufgestellt werden.

Ätherische Öle sind alle aus vielen Einzelkomponenten zusammengesetzt. Hier wäre es für die Klassifizierung fatal, wenn sie wie Mischungen aus der Betrachtung der Einzelbestandteile nur rechnerisch bewertet würden. Ziel der EFEO (European Federation of Essential Oils) ist es, die Eigenschaften Ätherischer Öle durch Tests am Öl selbst bestimmen zu können.

Als Resultat der Aufklärungsarbeit der EFEO zusammen mit anderen Organisationen wie IFRA (International Fragrance Association) konnte erreicht werden, dass Pflanzenextrakte, die nicht modifiziert wurden, als solche getestet werden dürfen. Für diese Ausnahme im Gesetz wird nach fünf Jahren überprüft, ob sie weiterhin Bestand haben soll.

Einen exzellenten Überblick über zu erwartende Neuerungen in der internationalen Chemikaliengesetzgebung für Duftstoffe gab Anne-Cécile Signoret mit „Navigating the current and future regulatory landscape“.

Nach einem Überblick über die Fristen, in der die neuen Regeln von IFRA in Kraft treten, zeigte Anne-Cécile zu erwartende Änderungen in Nord- und Südamerika wie auch in Asien.
Allgemein ist es die EU, die die Entwicklung der Regulierungen vorantreibt, und andere Regionen folgen nach.
Für potentiell allergene Duftstoffe gilt in der EU jetzt die erweiterte Liste von 82 im Endprodukt zu deklarierenden Stoffen. In Großbritannien ist die bisherige 26er-Liste weiter in Kraft. Die EU-Kommission hat für verschiedene Inhaltsstoffe Gruppenbezeichnungen festgelegt, die in der Deklaration verwendet werden müssen.
Anne-Cécile merkte als positiv an, dass die Regeln für Reinigungsmittel jetzt erst zeitgleich mit denen für die Kosmetik wirksam werden. Sie zeigte auch eine detaillierte Liste von Rohstoffen, in denen kritische Inhaltsstoffe vorhanden sind. Die sehr wertvollen Übersichten aus dem Vortrag von Anne-Cécile wurden den Teilnehmern der Tagung inzwischen zugesandt.

 Im letzten Beitrag des Nachmittags referierte Silke Weyland zu „Marketing im aktuellen regulatorischen Umfeld“.

Die Marketingaussagen anderer Industrien beeinflussen auch die Fragrance-Industrie, zum Beispiel aus den Bereichen Nahrungsmittel, Energie oder Schönheitspflege.
Neue Marketingclaims werden meist zuerst an einfachen Beispielen gemacht, dann wandern sie zu komplizierteren Themen weiter. So ist es bei Claims zur Nachhaltigkeit recht leicht, für eine Verpackung den Anteil recycelten Plastiks zu benennen. Dagegen ist der CO2-Fußabdruck eines ganzen Produktes nur sehr schwierig nachvollziehbar darzustellen.  

Viele Claims sind unzureichend belegt oder unverständlich, und damit angreifbar. Was ist ein natürlicher Riechstoff? Wie ist die biologische Abbaubarkeit definiert? Und was bedeutet „nachhaltig“? Besonders bei Aussagen zur Nachhaltigkeit ist es ratsam, dass die Industrien sich auf ein gemeinsames Verständnis der Definitionen einigen, sofern es keine vorhandene Regulierung gibt. 
Allgemein ist darauf zu achten, dass Claims wissenschaftlich gestützt, ehrlich und fair und für Verbraucher leicht zu verstehen sind.

Die Vortragenden und die Präsidentin der DGP

Neben den aufschlussreichen Vorträgen und Diskussionen bot die DGP am Nachmittag noch ein weiteres Highlight für die Teilnehmer: Riechproben zur Historical Scent Collection aus dem Projekt Odeuropa (zur Verfügung gestellt von Bernardo Fleming, IFF), in welchem Düfte zu bekannten Kunstwerken kreiert worden waren. Zu zwölf Gemälden waren olfaktorische Eindrücke zusammen mit den visuellen erlebbar. Dieses Angebot fand reges Interesse!

Am Donnerstagabend stand eine Schifffahrt auf der Moldau auf dem Programm.

Bei stimmungsvollen Aussichten auf Prag vom Wasser aus nutzen alle die Gelegenheit zum persönlichen Austausch in geselliger Runde.

Der Freitag begann mit einer sehr kundigen Stadtführung in Prag, bei der auch ein Besuch von  Botanicus auf dem Teynhof möglich war. Anschließend erhielt die Gruppe im U Fleku, dem traditionsreichen Prager Brauhaus, in einer Brauereiführung Einblicke in die Herstellung des für Prag und Tschechien berühmtesten aromatischen Erzeugnisses – Bier!

Mit einem gemeinsamen Mittagessen endete die DGP-Frühjahrstagung 2024.

Die DGP freut sich, viele der Teilnehmer beim SEPAWA-Kongress im Oktober wieder zu treffen!

Dr. A-W Irrgang