DGP-Fachtagung 2017 in Hamburg
DGP-Frühjahrstagung in der Stadt der Gewürze – Hamburg
Vom 27. bis zum 28. April 2017 führte die DGP ihre jüngste Frühjahrstagung im Hamburg unter dem Titel „Würziges in der Speicherstadt“ durch. Wir sind glücklich zu diesem Event einen neuen Teilnehmerrekord verzeichnet zu haben: ca. 75 Leichtmatrosen/innen!
Der erste Tag stand ganz im Zeichen der Handelstradition der Hansestadt. Während einer „Pfeffersacktour“ erhielten die Teilnehmer launigen Einblick in die frühere und aktuelle Bedeutung der Speicherstadt. Der olfaktorische, gustatorische und medizinische Nutzen unterschiedlichster Gewürze wurde bei einem Besuch im Gewürzmuseum verdeutlicht. Warum ist Safran so kostbar? Was ist langer Pfeffer? Wofür benutzt man Zimtblüte? Das waren nur einige der Fragen, die uns hier beantwortet wurden! Wissbegierig stürzten wir uns auf die Exponate und so mancher Mutige durfte die stimulierende Wirkung der Chili verspüren. Dennoch ging es ohne größere Ausfälle im Programm voran. Den Abschluss bildete ein gemeinsames Abendessen im Restaurant „Störtebecker“ der neuen Elbphilharmonie, das ausgiebig Gelegenheit zum Verkosten feiner Speisen und vor allem zum Netzwerken gab.
Am 28. April war dann Zeit für ein hochkarätiges Vortragsprogramm, das von DGP-Präsident Dr. Wolfgang Krause mit bekanntem Humor moderiert wurde.
Unsere langjährige DGP-Kollegin Frau Heike Hegmann knüpfte in ihren Ausführungen zu „Spirit of Spice: Gewürze in der Parfümerie“ an das Thema des Vortages an und führte durch zahlreiche Anwendungen von Gewürznoten in der Feinparfümerie. Dies mit ebenso kenntnisreichen Duftbeschreibungen wie auch mit vielen Riechmustern für das Auditorium. Vertiefend wurden z.B. Düfte mit Vanille (Vanille Insensée, Atelier Cologne), Safran (Black Saffron, Byredo) oder Pfeffer (Black Pepper, Comme des Garçons) vorgestellt. Eine spannende, weltumspannende Nasenreise!
Herr Johann Maria Farina, in der achten Generation Parfümeur in Köln, gab einen faszinierenden Einblick in „300 Jahre Farina EAU DE COLOGNE“.
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts waren insgesamt etwa 120 ätherische Öle verfügbar für die Kreation von Parfüms. Johann Maria Farina der Erste setzte als Erster Zitrusnoten und sehr sauberen, destillierten Alkohol für sein „Eau de Cologne“ ein. Diese frische Note verbreitete sich schnell an den europäischen Höfen, Mitte des 18. Jahrhunderts war es überall eingeführt. Das komplette Archiv des Hauses Farina ist bis heute vollständig erhalten, und so wurden im Vortrag Geschäftspraktiken und Kundenwünsche aus 300 Jahren beleuchtet. Interessant zum Beispiel, dass auch früher bereits Rohstoffe codiert bestellt wurden, oder Napoleon der Erste pro Tag zwei Flaschen Eau de Cologne (à 220 ml) verbrauchte. Wir freuen uns für das Haus Farina auf mindestens weitere 300 erfolgreiche Cologne-Jahre.
Von der Historie ging es dann in Gegenwart und Zukunft. Ein wichtiges Thema wurde unter dem Titel „Der hybride Konsument, schwache Signale und welche (Duft)Trends uns heute und morgen beschäftigen sollten…“ von Herrn Dr. Dag Piper vorgestellt. Dag regte uns an, indem er sehr lebendig Einblicke gab in das aktuelle Konsumentenverhalten und gewandelte Bedürfnisse und Kommunikation. Bereits 37% der Weltbevölkerung sind aktive Nutzer sozialer Medien, besonders stark z.B. in China mit 57% (Deutschland zum Vergleich: 41%). Dies hat zur Folge, dass Trends sich rasant weltweit verbreiten können und Influencer inzwischen besonders für jüngere Generationen eine herausragende Rolle spielen.
Im Netz ist nicht mehr nur der Content bedeutend, sondern noch mal mehr der Context, die sichtbare Reaktion der Gemeinschaft. Diese Vervielfältigung führt zu Erwartungen an multisensorielle Angebote – auch beim Duft. Ein Thema, das uns alle noch weiter beschäftigen wird! Nichts ist stetiger als der Wandel.
Die DGP-Förderpreisträgerin von 2016, Frau Dr. Birte-Antina Wegener, stellte im folgenden Vortrag ihre prämierte Arbeit zum „Riechtraining mit älteren Menschen“ vor. In einer statistisch abgesicherten Studie mit 91 Probanden wurde über drei Monate entweder täglich ein Sudoku-Problem gelöst (Kontrollgruppe) oder ein Riechtraining mit vier Düften durchgeführt.
In Tests vor und nach der Studie wurden sensorisches Vermögen (Riechen, Hören), kognitive Fähigkeiten und die emotionale Befindlichkeit erhoben. Das Riechtraining führte in der Testgruppe zu einer sehr deutlichen Verbesserung des Riechvermögens, aber auch auf Wortflüssigkeit und das Kurzzeitgedächtnis hatte das Training signifikante positive Effekte. Ein regelmäßiges Riechtraining scheint danach eine kostengünstige und effektive Methode zu sein, die die Lebensqualität älterer Menschen verbessern könnte.
Zum Abschluss präsentierte Herr Dr. Johannes Niebler, DGP-Förderpreisträger 2017, seine Forschung „Der Duft von Weihrauch“.
In der bisher größten Studie zu den flüchtigen Substanzen in Boswellia spp. identifizierte er über 200 verschiedene Verbindungen und fand Markersubstanzen für kommerziell relevante Arten, mit denen die Herkunft von Marktprodukten zuzuordnen ist. In Boswellia sacra gelang die Identifizierung von 19 geruchsaktiven Verbindungen. Hierfür wurden präparative Methoden wie die fraktionierte Destillation im Kugelrohr, Gegenstromverteilungschromatographie und präparative Gaschromatographie eingesetzt. So konnten auch Muskaton und Rotundon erstmalig als Inhaltsstoffe aufgeklärt werden.
Ein neuer Ansatz zur Untersuchung der geruchsaktiven Pyrolyseprodukte, die beim Räuchern entstehen, zeigte, dass die Harzfraktion die typischen Weihrauchnoten bildet. Beim Abriechen der von Dr. Niebler bereitgestellten Proben konnte wir die Sinne aktivieren und uns in die Sphäre des Weihrauchs versetzen lassen.
Am Ende der Veranstaltung rief der DGP-Vorstand nochmals alle Mitglieder auf, über eine mögliche Mitarbeit im Beirat der DGP zu befinden. Damit können wir auch
langfristig den Bedürfnissen des Netzwerkens der Freunde der Parfümerie Rechnung tragen.
Hamburg hat sowohl vom Interesse der Teilnehmer als auch von der Qualität der Vorträge die Erwartungen erfüllt oder gar übertroffen. Wir freuen uns auf viele zukünftige DGP-Tagungen in diesem duften Geiste!
Vorstand und Beirat der DGP
Juni 2017